Aktuelles.

LR Hattmannsdorfer

Bedeutung und Perspektiven der Gemeinnützigkeit in der sozialen Arbeit

Starke Zivilgesellschaft in Österreich – insbesondere in der Sozialen Arbeit: Oberösterreich setzt auf Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen, um Herausforderungen gemeinsam zu meistern

 

Gemeinnützige Organisationen erfüllen in unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen wichtige gesellschaftspolitische und soziale Aufgaben. Mit über 125.000 Vereinen und anderen gemeinnützigen Körperschaften verfügt Österreich über eine enorme Vielfalt an zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind.

Rund 2,3 Millionen Menschen engagieren sich ehrenamtlich in solchen Organisationen, 250.000 sind dort beschäftigt. Durch diese Strukturierung zivilgesellschaftlichen Engagements werden wesentliche Aufgabenbereiche des sozialen Zusammenlebens zuverlässig abgedeckt. Bund, Länder und Gemeinden werden dadurch in hohem Ausmaß entlastet.

Dem wichtigen Thema der gemeinnützigen Organisationen widmet sich die bundesweite Fachkonferenz heute, Donnerstag, in Linz. Diese wird vom Österreichischen Komitee für Soziale Arbeit veranstaltet.

 

„Der gemeinnützige Sektor verfügt in Österreich nicht nur wegen seiner Leistungen in der Daseinsvorsorge, sondern auch aufgrund seiner Größe über signifikante volkswirtschaftliche und besondere gesellschaftliche Bedeutung. Er ist definitiv ein Wachstumsbereich und das nicht nur in Österreich. In der gesamten EU ist der Beschäftigungszuwachs im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen Jahren höher als in anderen Wirtschaftsbereichen. Der gemeinnützige Bereich ist ein zentraler Pfeiler unserer Gesellschaft und macht diese auch resilienter. Das haben uns vor allem die letzten Jahre gezeigt, wo zahlreiche Menschen tagtäglich im Corona-Einsatz waren – beruflich aber auch ehrenamtlich.“

– Präsident Mag. Michael Opriesnig
ÖKSA-Vorsitzender & Generalsekretär Österreichisches Rotes Kreuz

 

Fachkonferenz in Linz widmet sich der Gemeinnützigkeit in der Sozialen Arbeit

Jährlich organisiert das Österreichische Komitee für Soziale Arbeit (ÖKSA) eine bundesweite Fachtagung. Die ÖKSA dient als Kommunikationsplattform für Bund, Länder, Träger der „Freien Wohlfahrt“ sowie Städte- und Gemeindebund. Insgesamt waren 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Fachtagung in Linz zu Gast.

 

„Gemeinnützige Organisationen – NPOs – haben eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft und auch in der Sozialpolitik Denn sie sind sehr unterschiedlich und können daher in der Sozialpolitik verschiedene Rollen einnehmen. Sie stellen zentrale Dienstleistungen eigenständig bzw. im Auftrag des Staates für die Volkswirtschaft bereit. Zudem sind sie der zentrale Drehscheibe für Ehrenamt im Sozialbereich, der aufgrund des generellen Fachkräftemangels mit besonderen Herausforderungen konfrontiert ist. Denn die gemeinnützigen Organisationen stellen mit ihrer Organisation eine gute Struktur zur Bewältigung von Herausforderungen bereit.“

– o.Univ.-Prof. Dr. Christoph Badelt

 

Gerade in Zeiten multipler Herausforderungen braucht es starke, resiliente Strukturen, wie sie die gemeinnützigen Organisationen über die Jahrzehnte aufgebaut haben. Herausforderungen wie den Fachkräftemangel werden wir nur bewältigen können, wenn wir sie gemeinsam angehen. Mit der Digitalisierung und sozialen Innovationen entwickeln sich zudem auch neue Chancen für alle Bereiche der sozialen Arbeit. Oberösterreich bekennt sich zur engen Zusammenarbeit mit den gemeinnützigen Organisationen. Denn sie übernehmen eine wichtige Funktion in unserer Gesellschaft – nicht nur durch ihre Leistungen, sondern auch als Mahner bei gesellschaftlichen Problemen und als Drehscheibe für ehrenamtliches Engagement der Bürgergesellschaft. Denn dort werden haupt- und ehrenamtliche Strukturen und Mitarbeiter in einer Organisation vernetzt.“

– Sozial-Landesrat Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer

 

Aus Sicht des oberösterreichischen Sozial-Landesrats haben die öffentliche Hand und die gemeinnützigen Organisationen gemeinsam drei zentrale Herausforderungen zu bewältigen:

 

1. Sicherstellung des Leistungskatalogs für die Bürgerinnen und Bürger trotz des Fachkräftemangels in allen Bereichen.

Am Beispiel der Altenpflege sehen wir: Die demografische Entwicklung zeigt, wie die Anzahl der älteren Landsleute immer weiter ansteigt: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt bis 2030 um knapp 20 Prozent und bis 2040 um 45 Prozent. Gleichzeitig stehen wir bereits heute Mitten im Fachkräftemangel. Gemeinsam gilt es zu bewältigen, dass nicht nur der bisherige Leistungskatalog aufrechterhalten wird, sondern auch dem steigenden Bedarf gerecht wird.

 

2. Nutzen von sozialer Innovation und Digitalisierung in der sozialen Arbeit

Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten und auch Leistungen trotz Fachkräftemangels erbringen zu können, müssen soziale und digitale Innovationen im sozialen Sektor vorangetrieben und umgesetzt werden.

 

3. Stärkung des Ehrenamts in der sozialen Arbeit

Die gemeinnützigen Organisationen bieten eine hervorragende, etablierte Struktur, die haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenführt. Gemeinsam muss man dieses Ehrenamt in sozialen Organisationen stärken und gezielt neue Personen ansprechen, hier ehrenamtlich in den professionellen Strukturen der Organisationen mitzuwirken.

 

Fachexpertise aus ganz Österreich & Deutschland zu Gast in Linz

 

Die Eröffnung erfolgte durch Sozialminister Johannes Rauch und Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer. Anschließend diskutierten Fachexpertinnen und Fachexperten zur Gemeinnützigkeit in der Sozialen Arbeit:

  • Christoph Badelt, WU Wien
  • Astrid Pennerstorfer, WU Wien
  • Anna Parr, Generalsekretärin Caritas Österreich
  • Elisabeth Anselm, Generalsekretärin Hilfswerk Österreich
  • Hanna Kamrat, Lebenshilfe Österreich
  • Birgit Hadler, Jugend am Werk
  • Michaela Neumayr, WU Wien
  • Wener Kerschbaum, ehem. GF des Österreichischen Roten Kreuzes
  • Claudia Fuchs, JKU Linz

 

Zudem holte man sich auch Fachexpertise aus dem Nachbarland Deutschland mit Kathrin Sonnenholzner vom Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.v. Deutschland. Die Tagung beschäftigt sich mit aktuellen Fragen der Gemeinnützigkeit:

 

  • Welche politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen brauchen gemeinnützige Organisationen im Sozialbereich, um diese wertvolle Arbeit leisten zu können?
  • Welche Art von Unterstützung ist notwendig?
  • Welche Bedeutung hat Gemeinnützigkeit für die Volkswirtschaft?
  • Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus hinsichtlich Partizipation, Community Building?

 

 

Zentrale Daten aus der Fachkonferenz

Gemeinnützige Organisationen üben eine unverzichtbare demokratische Funktion gegenüber Wirtschaft und Staat aus und tragen mittels Informationsarbeit und Kampagnen zu Informationsvielfalt und Bewusstseinsbildung in der österreichischen Gesellschaft bei. Für eine starke Demokratie sind ein funktionierendes Vereinswesen sowie eine hohe Bürgerbeteiligung von großer Bedeutung.

 

Auch für das Alltagsleben der Bürgerinnen und Bürger stellt die Arbeit gemeinnütziger Organisationen eine unverzichtbare Unterstützung und Bereicherung dar. In der sozialen Arbeit nehmen gemeinnützige Organisationen einen besonderen Stellenwert ein: Non-Profit-Organisationen sind in hohem Ausmaß in die Erstellung sozialer Dienstleistungen integriert, der Bedarf an ihren Leistungen steigt.

 

260.000 Beschäftigte in gemeinnützigen Organisationen: 4 von 10 sind im Sozialwesen tätig (A. Pennerstorfer, WU Wien)

Von insgesamt 260.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Österreich rund 105.000 im Sozialwesen beschäftigt.

 

Anzahl der gemeinnützigen Organisationen in Österreich:

  • 141 Vereine
  • 447 GmbH
  • 9 AG
  • 92 Genossenschaften
  • 711 Siftungen

31 Prozent der Bevölkerung in einer formellen Organisation freiwillig tätig. 63 Prozent der Organisationen (die bezahlte Beschäftigung aufweisen) geben an, dass sie auch Freiwillige einsetzen.

 

Gemeinnützigkeit am Anteil der Betten in Alten- & Pflegeheimen nach Trägern

In den vergangenen 25 Jahren gab es eine Verschiebung der angebotenen Betten in den Alten- und Pflegeheimen vom direkt öffentlichen Bereich in den (geförderten) NPO und FPO-Bereich.

 

 

Gemeinnützigkeit aus volkswirtschaftlicher Sicht (C. Badelt, WU Wien)

Warum entstehen NPOs?

  • Baut auf der Theorie des „Marktversagens“ auf; Staat reagiert auf Marktversagen und gleichzeitig offener Bedarf seitens der öffentlichen Hand: „öffentliche Güter“ werden dann durch NPOs zur Verfügung gestellt
  • Beispiel: Arbeit mit und für Flüchtlinge(n)
  • Qualitative Unterversorgung: Bevölkerung hat heterogene Präferenzen, NPOs füllen „Nischen“, die vom Staat offen gelassen werden
  • Beispiel: Alternative Kindergärten oder Schulen

 

NPO als Reaktion auf Informationsasymmetrie

  • Ungleiches Wissen zwischen Konsumenten und Produzenten einer Leistung über Notwendigkeit oder Qualitätseigenschaften der Leistung; Folge: „Kontraktversagen“ , Gefahr der Übervorteilung des Nachfragers
  • „Erfahrungsgüter“: Qualität wird erst bei Konsum des Gutes für den Konsumenten bzw. die Konsumentin erfahrbar (z. B. Unterbringung in einem Pflegeheim)
  • „Vertrauensgüter“ (z. B. Arztbesuch) für den Konsumenten oder die Konsumenten kann es unmöglich sein, die wahre Qualität einer Leistung einzuschätzen

Quintessenz: NPOs bieten Vertrauen – Vertrauen ist eines der wichtigsten „Assets“ einer NPO.

 

Schlussfolgerungen

  • NPOs haben eine ganz wichtige Rolle in der Gesellschaft und auch in der Sozialpolitik
  • NPOs sind sehr unterschiedlich und können daher in der Sozialpolitik verschiedene Rollen einnehmen, z.B.
    • als Dienstleistungsproduzenten (implizit im Auftrag des Staats oder als Gegenmodell zum Staat)
    • Politische Pressure Groups zur Erreichung sozialpolitischer Ziele (z.B. als „Anwälte“ gesellschaftlicher Randgruppen, als Mahner zur Bekämpfung der Armut)
  • NPOs können aber nicht davon ausgehen, dass sie quasi automatisch als Säulen des Sozialstaats betrachtet werden
  • NPOs müssen sich der Kritik stellen – auch im Vergleich zu anderen Leistungsanbietern
  • NPOs müssen auch den Wettbewerb gegenüber anderen Anbietern bestehen – sie müssen permanent daran arbeiten, die Gratwanderung zwischen Qualität ihrer Leistungen und ökonomischer Vorteilhaftigkeit zu bestehen
  • NPOs müssen sich in diesem Sinn permanent selbst rechtfertigen – diese Rolle kann die Wissenschaft nicht für sie übernehmen.

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