Sehr geehrter Herr Bundesminister,
wir beziehen uns auf den kürzlich in der Öffentlichkeit präsentierten Vorschlag bzw. die Förderrichtlinie zur bundesweiten Vereinheitlichung der Persönlichen Assistenz sowie unsere vorangegangenen Bemühungen, auf fachlicher wie politischer Ebene gemeinsam für alle Beteiligten eine gute Lösung zu finden. Auch angesichts einstimmiger Beschlüsse der Landessozialreferenten/innen zur Einbindung aller Länder war unsere Verwunderung groß, als medial bereits von beschlossen Richtlinien berichtet wurde, in denen sich unsere Argumente in keiner Weise wiederfinden. Wir sind zudem überrascht, dass diese Entscheidung ohne Gespräche auf politischer Ebene getroffen wurde.
Die zuständigen Landesräte aus Oberösterreich, Steiermark und Wien sind enttäuscht, dass es nicht gelungen ist, eine Richtlinie zu erarbeiten, die bestehende und gut funktionierende Systeme der Persönlichen Assistenz aus den Bundesländern integriert. Stattdessen wurde ein neues Parallel-Fördersystem geschaffen, das die bestehenden Strukturen ignoriert und im schlimmsten Fall sogar zerstört. Dabei gibt es kein gutes Bild ab, dass das Pilotprojekt ausschließlich in Bundesländern mit (ehemals) grüner Regierungsbeteiligung durchgeführt wird. Ein Faktum, dass – wie wir vernehmen – auch bei Expert/innen für Unmut und Verwunderung sorgt.
Für die Persönliche Assistenz im Privatbereich ist seit jeher entscheidend, die dieser Leistung zugrundeliegenden Selbstbestimmungsrechte der Assistenznehmer/-innen sicherzustellen. Für die dazu nötigen freien Dienstverträge beim Assistenzpersonal konnten über viele Jahre sehr attraktive Bedingungen geschaffen werden. Wie bereits mehrmals zur Sprache gebracht, werden sämtliche arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften selbstverständlich eingehalten. Die Bezahlungen orientieren sich an bestehenden Kollektivverträgen, um sicherzustellen, dass freie Dienstnehmer/innen den Assistent/innen mit einem fixen Anstellungsverhältnis gleichgestellt sind.
Dass die bestehenden Strukturen beibehalten werden sollen, ist nicht nur ein Wunsch der Politik, sondern auch der betroffenen Mitarbeiter/innen und Anbieterorganisationen. Wie sehr diese Arbeitsbedingungen von den Assistent/innen geschätzt werden, zeigt das Ergebnis einer anlassbezogenen Umfrage des größten Anbieters in Oberösterreich. Über 80% der Assistent/innen würden demnach bei einer Umstellung auf ein fixes Dienstverhältnis ihre Tätigkeit beenden. Ein derartiger Schritt hätte bezüglich der Arbeitsmarktsituation bzw. der Aufrechterhaltung des Angebotes für die Klienten der persönlichen Assistenz katastrophale Auswirkungen.
Wir sollten hier nach dem Prinzip sowohl/als auch und nicht nach entweder/oder vorgehen und ersuchen Dich, auch den freien Dienstvertrag in die bundesweiten Richtlinien zur Vereinheitlichung der persönlichen Assistenz aufzunehmen. Die Einhaltung arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften ist uns dabei ein sehr wichtiges Anliegen. Auch angesichts des Mangels an Arbeitskräften in der Pflege und Betreuung sollten wir hier aber möglichst frei und flexibel agieren können.
Im Namen aller Klient/innen, den verlässlichen Mitarbeiter/innen und den Organisationen ersuchen wir Dich hiermit nochmals, unsere jahrelangen Erfahrungen in diesem Bereich zu berücksichtigen und parteipolitische Interessen zum Wohle der Menschen mit Behinderungen in den Hintergrund zustellen. Ein Gespräch auf politischer Ebene – gerne gemeinsam mit Vertreter/innen der Anbieterorganisationen – wäre eine gute Möglichkeit, diesen Knoten zu lösen.
Gezeichnet:
LR Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer – Oberösterreich
LRin Mag.a Doris Kampus – Steiermark
StR Peter Hacker – Wien