Trend zur bargeldlosen Bezahlung als Herausforderung für Straßenzeitungs-Verkäufer/innen – Sozialressort und Energie AG weiten Kooperation im Sozialbereich aus: Update für Erfolgsprojekt „Kupfermuckn“: Straßenzeitung künftig auch digital bezahlbar
„Die „Kupfermuckn“-Straßenzeitung und ihre Verkäufer/innen gehören für mich zum Linzer Stadtbild wie die Landstraße und der Pöstlingberg. Die Kupfermuckn bieten für wohnungslose Menschen eine sinnvolle Tagesstruktur und eine Einkunftsmöglichkeit. Vermehrte bargeldlose Zahlungen werden allerdings für die Verkäufer/innen zum Problem. Gemeinsam mit der Energie AG unterstützen wir daher die Weiterentwicklung der Kupfermuckn um eine digitale Bezahlmöglichkeit und weiten damit unsere Kooperation im Sozialbereich weiter aus“
– Sozial-Landesrat Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer
„Als Energie AG ist es uns ein großes Anliegen, Menschen in Not zu unterstützen. Wir nehmen unsere soziale Verantwortung als größter Energieversorger Oberösterreichs sehr ernst, daher weiten wir unsere soziale Kooperation zugunsten obdachloser Menschen aus und unterstützen nun neben dem Sozialprojekt DüK, Dach überm Kopf, auch die Weiterentwicklung der Kupfermuckn“
– Dr. Leonhard Schitter, CEO Energie AG
„Die Anpassung an das digitale Zeitalter stellt für Straßenzeitungen eine große Herausforderung dar. Sie ist jedoch unumgänglich. Nur so kann das Weiterbestehen unserer oberösterreichischen Straßenzeitung Kupfermuckn und damit einhergehend die finanzielle Absicherung unserer Verkäuferinnen und Verkäufer garantiert werden. Nicht nur in Österreich, auch weltweit sind die Verkaufszahlen von Straßenzeitungen zurückgegangen, was zu einem stark reduzierten Einkommen für alle führt“
– Daniela Warger, Chefredakteurin „Kupfermuckn“
Trend zur bargeldlosen Zahlung als Herausforderung
Die Straßenzeitung Kupfermuckn, deren Betrieb organisatorisch zur ARGE für Obdachlose gehört, ist 1996 entstanden und ermöglicht über die Mitgestaltung und den Verkauf der Zeitung einen Zuverdienst für Menschen, die in Armut leben oder obdachlos sind. Mit einer Auflagenzahl zwischen 22.000 und 50.000 Stück pro Monate ist die Kupfermuckn inzwischen eine vielgelesene Zeitung dar, die die persönlichen Sichtweisen der Redakteur/innen auf sozialpolitische Themen darstellt und aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist. 2023 wurden 232.000 Zeitungen produziert und insgesamt 301 Verkäufer/innen registriert.
Ausgegeben wird die Zeitung neben Linz auch in Wels (Soziales Wohnservice), Vöcklabruck (Mosaik Sozialzentrum Vöcklabruck) und Steyr (Verein Wohnen Steyr).
Der Trend zur Digitalisierung stellt für die Straßenverkäufer/innen eine große Herausforderung dar: Neben dem generellen Rückgang von Printmedien ist auch der Trend zum digitalen Bezahlen in allen Bereichen ein Grund, dass der Verkauf von Straßenzeitungen zurückgeht – österreichweit sind die Verkaufszahlen von Straßenzeitungen um etwa 30 % zurückgegangen, im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit hat sich die die verkaufte Stückzahl auf derzeit etwa 18.000 pro Ausgabe halbiert.
Neben der weiteren Barzahlung wird daher nun auch für die Kupfermuckn in Oberösterreich eine bargeldlose Zahlmöglichkeit eingeführt. Um die Umsetzung möglichst niederschwellig für die Verkäufer/innen und Käufer/innen zu halten, wird diese über den Scan eines QR-Codes am Kupfermuckn-Ausweis ermöglicht. Beim Kauf werden Kund/innen auf eine Website zur Zahlungsabwicklung weitergeleitet. Neben der Wahl zwischen verschiedenen Zahlungsanbietern wird es im Endausbau auch die Option geben, die Zeitung in Papierform oder als E-Paper zu kaufen. Die Verkäufer/innen erhalten einen personalisierten QR-Code und ein personalisiertes Nutzungskonto erhalten, auf dem die Einnahmen gespeichert werden. Somit kann das erworbene Guthaben durch den Kupfermuckn-Vertrieb ausgezahlt werden. Den Verkäufer/innen wird dadurch ein zusätzliches Angebot ermöglicht, mit dem neue Kundschaft erreicht werden kann, die vorzugsweise bargeldlos zahlen und/oder die Kupfermuckn digital lesen möchten.
Zudem werden die Ausweise durch das Scheckkartenformat auch fälschungssicherer und den seit einigen Jahren immer wieder auftretenden Problemen mit bettelnden Verkäufer/innen ohne Ausweis wird entgegengewirkt. Auch die Arge für Obdachlose als Organisation wird von dieser Umstellung profitieren, weil das Erstellen der Ausweise in Zukunft schneller gehen wird und die Ausweise fälschungssicherer werden. Dies soll auch zu einem Rückgang der Beschwerden hinsichtlich nicht legitimierter Verkäufer/innen führen.
Die Kosten für die Produktion und Umstellung auf die benötigte Software übernehmen Sozialressort und Energie AG, folgende laufende Kosten werden im Rahmen der laufenden Förderung der ARGE für Obdachlose durch das Sozialressort getragen.
So wird die bargeldlose Bezahlung funktionieren:
- Für den neuen Zahlvorgang muss der individuelle QR-Code, den die Verkäuferinnen und Verkäufer auf ihrem Ausweis tragen, mit dem Smartphone gescannt werden.
- Man gelangt in einem Webshop, in dem man die Zeitung und andere Produkte wie bpsw. den Kupfermuckn-Kalender kaufen, oder auch eine Spende geben kann. Den Zahlungsdienstleister kann man individuell auswählen.
- Mit einem Klick auf ein Plus-Zeichen kann auch noch zusätzlich Trinkgeld überwiesen werden.
- Die Verkäufer/innen holen sich dann später das Geld ihrer Verkäufe beim Kupfermuckn-Vertrieb ab.
- Von den drei Euro pro Zeitung bekommen sie immer die Hälfte.
Kupfermuckn als Tagesstruktur und Einkunftsmöglichkeit für wohnungslose Personen
Die Straßenzeitung Kupfermuckn versteht sich auch als Sprachrohr für Randgruppen und deren Anliegen. Derzeit treffen sich 15 Redakteur/innen jeden Mittwochnachmittag im Redaktionsraum, um an der Gestaltung der Zeitung mitzuwirken. Die Betroffenen bilden mit dem Kupfermuckn-Leitungsteam in einem partnerschaftlichen Verhältnis die Redaktion. Der Zeitungsverkauf und das Schreiben bringen für die von Armut betroffenen Menschen neben dem Zuverdienst das Gefühl, gemeinsam etwas geschaffen zu haben. In diesem Sinn agiert die Straßenzeitung nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Neben dem Zeitungsmachen bietet die ARGE für Obdachlose den Redakteur/innen ein Aktivitäts- und Freizeitprogramm an.
Pro veröffentlichtem Beitrag erhalten die Redakteur/innen ein Honorar in Höhe von 20 €, für regelmäßige Mitarbeit in der Redaktion bekommt man 40 Euro monatlich. Die Verkäufer/innen selbst kaufen eine Zeitung um 1,50 € und verkaufen sie um 3 € weiter. Die Verkäufer/innen sind in geringfügigem Umfang selbst gewerbetreibend und suchen sich selbst einen Verkaufsplatz.
Von den etwa 300 Verkäufer/innen geben 116 an, dass sie ausschließlich vom Verkauf leben.
Projekt „Dach überm Kopf – DÜK“: Laufende Suche nach weiteren Flächen
Die Umsetzung der bargeldlosen Bezahlung der Kupfermuckn ist eine Fortsetzung der Kooperation von Sozialressort und Energie AG im Bereich der Sozial- und Wohnungslosenpolitik. Gemeinsam mit der Kolpingsfamilie, der HTL 1 Bau & Design und dem Sozialverein B37 sind das Land und der Energieversorger seit letztem Jahr Partner des Projekts „Dach überm Kopf – DÜK“. Ein DÜK ist ein 2×2 Meter großer, modular aufgebauter und versperrbarer Witterungsschutz aus Holz, in dem Bewohner ihre Habseligkeiten unterbringen und die Nacht in Sicherheit verbringen können.
Ein DüK soll obdachlosen Menschen die Möglichkeit bieten, wieder in ein geregeltes Leben zurückzufinden. Dies ist mit gewissen Auflagen verbunden: Um die Möglichkeit für ein DÜK zu bekommen, darf er oder sie kein Alkohol- bzw. Drogenproblem haben sowie das DÜK nicht verkaufen oder vermieten. Zudem sind die Bewohner/innen für das Areal rund um das DÜK verantwortlich und müssen es sauber halten. Auch die Instandhaltung des DÜKs obliegt den obdachlosen Menschen. Die Nutzer/innen werden durch B37 vermittelt.
Gemeinsam mit Wohnbauträgern ist das Land Oberösterreich laufend auf der Suche nach neuen Flächen, auf denen DÜKs aufgestellt werden können. Erst letzte Woche konnte eine weitere Liegenschaft der Oö. Wohnbau zur Aufstellung eines DÜKs gewonnen werden.
Wohnungssicherung in Oberösterreich – ARGE für Obdachlose als wichtiger Partner
Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind, werden in Oberösterreich durch das Netzwerk Wohnungssicherung unterstützt. Dieses Netzwerk umfasst neben den Gemeinden und den Sozialberatungsstellen die Träger der Wohnungslosenhilfe, die im Auftrag des Landes Oberösterreich agieren, dazu gehört auch die ARGE für Obachlose. Über die Sparte ReWo (Regionales Wohnen), über die die ARGE Delogierungsprävention leistet, wurden 2023 311 Haushalte betreut, bei 221 Haushalten wurde die Wohnung erhalten, bei 56 Haushalten ein Wohnungswechsel erreicht.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 7.711 Haushalte durch das Netzwerk Wohnungssicherung betreut. In 59,7 % der Fälle konnte Wohnraum gesichert werden, in 19,3 % der Fälle wurde ein Wohnungswechsel organisiert. Eine Delogierung wurde nur in 0,9 % der Fälle durchgeführt.
Hauptgründe für Wohnungsverlust sind in 76,7 % der Fälle finanzielle Gründe, der Rest verteilt sich auf prekäre Wohnsituationen (9,9 %) und familiäre Beziehungskrisen (7,6 %).